Hat ein im Gefängnis sitzender Vater das Recht sein Kind zu sehen?

Der Vater eines minderjährigen Kindes verbüßt zum Zeitpunkt der Entscheidung eine fünfjährige Haftstrafe, unter anderem wegen Gewalthandlungen gegen sein Kind und die Kindesmutter sowie weiteren Frauen. Das Kind musste auch die Gewalt des Vaters gegen die Mutter miterleben. Der letzte Kontakt zwischen dem Vater und dem Kind liegt bereits einige Jahre zurück.

Der Vater beantragte die Einräumung eines Kontaktrechts. Das Kontaktrecht wäre in der Justizanstalt auszuüben.

Das Erstgericht wies den Antrag zum Wohl des Kindes ab. Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung. Der Vater wandte sich schließlich an den OGH. Der OGH wies im Ergebnis das Rechtsmittel des Vaters zurück.

Der OGH führte aus, dass die Entscheidung, inwieweit einem Elternteil das Kontaktrecht zu seinem Kind eingeräumt werden soll oder inwieweit dieses einzuschränken ist, immer von den Umständen des Einzelfalles abhängt. Dies gelte insbesondere auch, wenn das Kontaktrecht beim inhaftierten Elternteil in einer Justizanstalt ausgeübt werden soll. Ausschlaggebend ist allein das Kindeswohl. Die Interessen eines Elternteiles haben im Konfliktfall gegenüber dem Kindeswohl zurückzutreten. Daran ändert laut Ansicht des OGH auch das vom Vater angeführte Grundrecht des Art 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) nichts. Der Vater beantragte ein begleitetes Kontaktrecht und wandte sich mit seinem Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Vorinstanzen, dass ein begleiteter Besuch mit Mund- Nasenschutz hinter einer Plexiglasscheibe in der Justizanstalt dem Wohl des Kindes widerspreche. Nach Ansicht des OGH, ist die Einschätzung (die auch vom Kinder- und Jugendhilfeträger geteilt wurde), dass ein Besuch mit den geschilderten Umständen eine kindergerechte Form von Kontakten ausschließt, nicht unvertretbar. Dies nicht zuletzt auch aufgrund des jungen Alters des Kindes (Jahrgang 2014).

Im Ergebnis waren alle Instanzen der Ansicht, dass dem Vater unter den vorliegenden Umständen kein Kontaktrecht zukommt.

(Entscheidung OGH 8 Ob 39/21z vom 29.04.2021)

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