Trauerschaden bei Tod eines Haustieres?

§ 1293 ABGB definiert Schaden als Nachteil, welcher jemandem an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist. Es sind somit auch Personenschäden und damit immaterielle Schäden umfasst. Nach der Rechtsprechung sind solche immateriellen Schäden grundsätzlich allerdings nur ersatzfähig, wenn sich im Gesetz eine gesetzliche Grundlage dafür findet. So sieht das ABGB zum Beispiel ausdrücklich vor, dass man von jemandem ein angemessenes Schmerzengeld fordern kann, wenn dieser einen am Körper verletzt hat (§ 1325 ABGB). Mit diesem Schmerzengeld sind auch immaterielle Schäden abgegolten.

Die Einschränkung des Ersatzes von immateriellen Schäden auf ausdrücklich gesetzlich normierte Tatbestände wurde von vielen Juristen kritisch gesehen. Die Rechtsprechung begann im Lauf der Zeit zuerst Schadenersatz für sogenannte Schockschäden zuzusprechen. Ein solcher Schockschaden liegt vor, wenn ein naher Angehöriger getötet wird und der überlebende Angehörige dadurch einen Schaden mit Krankheitswert (psychische Erkrankung) erleidet, weil er zum Beispiel den Unfall, der zum Tod geführt hat, miterlebt hat oder aber auch, wenn er nach Benachrichtigung vom Tod des nahen Angehörigen an einer Beeinträchtigung mit Krankheitswert litt. Die Rechtsprechung entwickelte sich in den darauffolgenden Jahren weiter und es wurden letztlich nicht nur Schockschäden anerkannt, sondern auch so genannte Trauerschäden. Im Unterschied zum Schockschaden liegt bei einem Trauerschaden (noch) keine Beeinträchtigung mit Krankheitswert vor. Der OGH befürwortete erstmals im Jahr 2001 ein Schmerzengeld für Trauerschäden (auch wenn er in seiner damaligen Entscheidung aufgrund Nichtvorliegen von weiteren Voraussetzungen den Anspruch letztlich abwies). Wenn der Schädiger für den Tod ein grobes Verschulden trifft, soll nahen Angehörigen eine Entschädigung für die erlittenen Trauerschmerzen zugesprochen werden. Es bleibt mit Spannung zu erwarten, ob nicht nur bei einer Tötung eines nahen Angehörigen Trauerschäden ersatzfähig sind, sondern beispielsweise auch bei schweren Verletzungen eines nahen Angehörigen.

In einer jüngst ergangenen Entscheidung hatte sich der OGH mit der Frage auseinanderzusetzen, ob nicht auch bei der Tötung eines Haustieres den Eigentümern des Tieres ein Trauerschaden zu ersetzen sei. Zu Grunde lag der Entscheidung folgender Sachverhalt: Der Erstkläger und der Erstbeklagte waren beide als Lenker von Personenkraftwagen an einem Unfall beteiligt, den der Erstbeklagte zumindest leicht fahrlässig verursachte. Die Zweitbeklagte war die Halterin des Fahrzeuges und Drittbeklagter die Versicherung. Der Erstkläger hatte beim Unfall seinen Hund, der mit einem Gurt gesichert war, in seinem Fahrzeug. Nach dem Unfall schnallte der Erstkläger den Hund ab, woraufhin dieser aus dem Auto sprang und davonlief. Er wurde später leblos am Straßenrand gefunden.

Die Kläger begehrten Trauerschmerzengeld für den Verlust ihres Hundes. Sie hätten den Hund wie ein Kind gepflegt, ihm spezielle Hundesalons, Hundehotels sowie veganes Hundefutter und Hundewellness zur Verfügung gestellt und der Beklagte habe den Unfall grob fahrlässig verursacht. Daher solle – wie beim Verlust eines nahen Angehörigen – ein Anspruch auf Trauerschmerzengeld bestehen. Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und bestritten, dass der Erstbeklagte grob fahrlässig gehandelt hätte und zudem würde schon aus rechtlichen Gründen kein Trauerschmerzengeld gebühren.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Der OGH verwies auf seine bisherige Rechtsprechung zum Trauerschaden und Schockschaden. Anschließend führte er aus, dass es bisher noch keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage des Trauerschmerzengeldes wegen Verlust eines Haustieres gäbe. In zwei Schockschadenfällen verneinte der OGH jeweils eine Haftung.

In seiner nun erstmaligen Auseinandersetzung im Zusammenhang mit Fragen des Trauerschmerzengeldes wegen Verlust eines Haustieres, kam der OGH zum Ergebnis, dass die bloße Trauer um ein Haustier von Vornherein keinen Schmerzengeldanspruch begründet.

Nach § 1331 ABGB begründet die Beschädigung einer Sache nur dann Anspruch auf den sogenannten Wert der besonderen Vorliebe, wenn die Beschädigung aus Mutwillen und Schadenfreude oder durch eine durch ein Strafgesetz verbotenen Handlung versursacht wurde. Tiere sind zwar gemäß § 285a ABGB keine Sachen, allerdings sind die für Sachen geltenden Bestimmungen weiterhin anzuwenden, wenn keine für Tiere abweichenden Regelungen bestehen. Es gibt zwar eine abweichende Regel, nämlich § 1332a ABGB. Durch diese Bestimmung sind jedoch nur Kosten für die tatsächliche Heilung umfasst. Für Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit der Tötung oder Verletzung eines Tieres gelten daher weiterhin die Regelungen des ABGB über die Sachbeschädigung.

Nach Ansicht des OGH kann die in Rechtsanalogie entwickelte Rechtsprechung zum Ersatz von Trauerschäden nicht auf den Verlust eines Tieres übertragen werden. Hierfür fehle es einerseits an einer Gesetzeslücke, weil der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 1332a ABGB davon ausging, dass ideelle Schäden bei Verlust eines Tieres nur bei Vorsatz zu ersetzen sind, und andererseits, weil die von der Rechtsprechung geforderte Typizität der Trauer beim Verlust eines Tieres – im Unterschied zum Verlust eines nahen Angehörigen – nicht gegeben ist. Da bei objektiver Betrachtung beim Verlust eines Tieres eine Trauer, die dem Verlust eines Menschen gleichkommt, derart fernliegt, ist für den OGH hier eine klare Grenzziehung erforderlich. Nicht zuletzt wäre es ein Wertungswiderspruch, würde man einen Anspruch auf Ersatz des Schockschadens (wegen einer tatsächlich eingetretene Gesundheitsbeeinträchtigung) verneinen (wie dies der OGH bereits zweimal tat), aber ein Trauerschmerzengeld zusprechen.

Im Ergebnis bestätigte daher der OGH die Rechtsansicht der beiden Vorinstanzen. Ein Trauerschmerzengeld im Zusammenhang mit dem Verlust eines Tieres kommt daher nur nach Maßgabe des oben ausgeführten § 1331 ABGB in Betracht, also zum Beispiel bei Tierquälerei (§ 222 StGB) und nicht bei einer bloßen – und sei sie auch grob fahrlässig herbeigeführt – Tötung. Hierfür wäre eine Gesetzesänderung erforderlich.

(Entscheidung OGH 2 Ob 142/20a vom 27.11.2020)

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