Was tun, wenn ein von einem Elternteil beeinflusstes Kind seinen anderen Elternteil nicht sehen will?

Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Kontaktrecht von Elternteilen zu ihren Kindern beschäftigen regelmäßig die heimischen Gerichte.

Im Mittelpunkt einer kürzlich vom Obersten Gerichtshof (OGH) entschiedenen Rechtssache stand ein im Jahr 2008 geborenes Kind, das mit seiner vom Vater getrennten Mutter lebt und den Kontakt zu seinem Vater wiederholt verweigert hat. Der OGH stellte hat im Zuge seiner Entscheidung klar:

  • Der obsorgeberechtigte Elternteil (im vorliegenden Fall die Mutter) hat die Verpflichtung dem Kind gegenüber, es bestmöglich auf die Besuche beim nicht obsorgeberechtigten Elternteil (hier dem Vater) vorzubereiten. Dies unter Vermeidung jeglicher negativer Beeinflussung.
  • Der obsorgeberechtigte Elternteil ist auch verpflichtet, die Kontakte, die das Kind zum nicht obsorgeberechtigten Elternteil hat, unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl zu verarbeiten.
  • Weiters hat der obsorgebrechtigte Elternteil die Verpflichtung, einer unberechtigten Ablehnung des persönlichen Kontaktes zum nicht obsorgeberechtigten Elternteil durch das Kind entgegenzuwirken.
  • Ausnahmen davon gelten nur, wenn dem obsorgebrechtigten Elternteil dies aus nachvollziehbaren – vom nicht obsorgeberechtigten Elternteil zu verantwortenden Gründen – nicht möglich ist.

Was aber tun, wenn der obsorgeberechtigte Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt?

Der OGH stellt klar, dass das für den Fall zuständige Gericht auf Antrag oder von Amts wegen im Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung des Rechts auf persönlichen Kontakt angemessene Zwangsmittel anzuordnen hat. Der obsorgeberechtigte Elternteil muss über die Abstandnahme einer negativen Beeinflussung seines Kindes hinaus alles ihm Zumutbare tun, um aktiv darauf hinzuwirken, dass dem nicht obsorgeberechtigten Elternteil der persönliche Verkehr mit seinem Kind ermöglich wird. Dies auch gegen den Willen des Kindes.

Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass beim minderjährigen Kind ein Loyalitätskonflikt besteht, der überwiegend durch die negative Haltung der Mutter gegenüber dem Vater und durch eine stattgefundene Beeinflussung des minderjährigen Kindes herbeigeführt wurde. Aufgrund dieses Loyalitätskonfliktes weigerte sich das Kind wiederholt die festgelegten Besuchskontakte zu seinem Vater wahrzunehmen. Nach Ansicht der Gerichte hat die Mutter im vorliegenden Fall entweder ihr Kind in seinem Loyalitätskonflikt negativ bestätigt bzw. zu wenig aktiv unternommen, um dem Loyalitätskonflikt entgegenzuwirken.

Der OGH bestätigte daher im Ergebnis die Verhängung einer Beugestrafe von EUR 500,00 gegen die Mutter.

(Entscheidung OGH 3 Ob 206/20w vom 20.01.2021)

Gerne berate und unterstütze ich Sie bei Fragen zu Obsorge- und Kontaktrechtsregelungen sowie bei der Durchsetzung bzw. Abwehr von Ansprüchen.