Was war passiert?
Die beiden Elternteile sind hinsichtlich ihres 10-jährigen Kindes gemeinsam obsorgeberechtigt, wobei die hauptsächliche Betreuung im Haushalt der Mutter erfolgt. Das Verhältnis der Kindeseltern ist nun bereits seit mehreren Jahren hoch konflikthaft, was sich insbesondere in Bezug auf den Umfang und die Modalitäten des Kontaktrechts zeigt. Nachdem zuletzt ein 14-tägiges Kontaktrecht von Freitag bis Sonntag vereinbart war, beantragte der Kindesvater nunmehr die Ausweitung, die Kindesmutter hingegen die Aussetzung der Kontaktregelungen.
Im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens erklärte sich der Vater mit der Aussetzung einverstanden, da ihm keine andere Wahl bleibe. Das Erstgericht setzte daher das persönliche Kontaktrecht des Vaters mittels Beschluss aus und verpflichtete diesen zum Besuch einer Eltern- und Erziehungsberatung. Weiters wurde der Kindesvater dazu verpflichtet, dem Gericht den Beginn der Beratung nachzuweisen sowie über den Verlauf ebendieser alle zwei Monate zu berichten. Begründet wurde dieser Beschluss damit, dass die Aussetzung einerseits dem Kindeswohl entspreche und diesem anderseits auch durch professionelle Unterstützung vor Augen zu führen, dass die Situation aufzuarbeiten sei.
Nachdem der Beschluss rechtskräftig wurde, teile der Kindesvater dem Erstgericht auf Aufforderung, eine Bestätigung über den Beginn der Beratung vorzulegen, mit, dass er an dieser nicht teilnehmen werde, da er nunmehr weder indirekten noch direkten Kontakt zu seinem Sohn pflegen wolle. Das Erstgericht verhängte daher wegen Nichtbefolgung des gerichtlichen Auftrags eine Geldstrafe in Höhe von EUR 250,-.
Dagegen erhob der Vater Rekurs, in welchem er alle von ihm gestellten Kontaktrechtsanträge zurückzog und sich zudem auch gegen die Höhe der Geldstrafe wandte. Das Rechtsmittelgericht gab dem Rekurs jedoch nicht Folge und begründete dies insbesondere damit, dass unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände persönliche Kontakte, die dem Kindeswohl dienen, auch gegen den Willen des Elternteils bewirkt und erforderlichenfalls auch zwangsweise durchgesetzt werden können. Dass der Vater derzeit keinen Kontakt zu seinem Sohn wünsche, sei kein Grund für das Nichtbefolgen der gerichtlichen Anordnung.
Gegen diese Entscheidung erhob der Kindesvater Revisionsrekurs an den OGH
Wie entschied der OGH?
Der OGH gab dem Revisionsrekurs des Vaters statt und führte dazu im Wesentlichen aus, dass das Kontaktrecht des Kindes gegenüber einem Elternteil zwar grundsätzlich auch gegen den Willen des Elternteils geregelt und durchgesetzt werden könne, eine Durchsetzung jedoch nur ausnahmsweise in Betracht komme. Maßnahmen – wie etwa der gegenständliche Auftrag zum Besuch der Elternberatung – dürften nur im Zusammenhang mit einem Obsorge- oder Kontaktrechtsverfahren angeordnet werden. Hat der davon Betroffene Elternteil jedoch ausdrücklich erklärt, keine weiteren Kontakte mit seinem Kind anzustreben und liegt auch kein Antrag auf zwangsweise Durchsetzung des Kontaktrechts des Kindes vor, könne der erteilte gerichtliche Auftrag wegen Zweckverlustes nicht mehr mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden.
Der angefochtene Beschluss wurde folglich aufgehoben und die Geldstrafe entfiel.
(Entscheidung OGH 5 Ob 100/23a vom 04.07.2023)
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