Kann ein betrogener Ehegatte Detektivkosten fordern, wenn er bereits in Kenntnis der außerehelichen Beziehung seines Ehepartners ist?

Die Frage, ob im Zuge von Scheidungsverfahren Detektivkosten zu ersetzen sind – und wenn ja, von wem – beschäftigt regelmäßig die Gerichte.

Kürzlich hatte sich der OGH mit folgendem Sachverhalt auseinanderzusetzen:

Die Klägerin erfährt am 14.06.2019 von der außerehelichen Beziehung ihres Ehegatten zur Beklagten. Sie stellt daraufhin ihren Ehemann zur Rede und dieser gesteht sein ehewidriges Verhalten. Einen Tag später zieht er aus dem ehelichen Wohnhaus aus und lebt seither getrennt von der Klägerin. Die beiden Ehegatten vereinbaren eine Paartherapie zu absolvieren. Der Ehegatte will dadurch eine möglichst eskalations- und friktionsfreie Trennung erreichen, für die Klägerin ist jedoch ist die Wiederherstellung der Beziehung das Ziel der Therapie. Die Klägerin hat als Bedingung, dass der Ehegatte seine außereheliche Beziehung zur Beklagten sofort beendet und er wieder in das eheliche Wohnhaus einzieht. Damit konfrontiert, gibt der Ehegatte gegenüber der Klägerin an, die Beziehung zur Beklagten bei einem Treffen mit dieser am 21.06.2019 zu beenden. Die Klägerin beauftragt einen Detektiven, um dies zu überprüfen. Der Detektiv berichtet, dass der Ehegatte die Beziehung nicht beendet hat. Mit den Ergebnissen des Detektiveinsatzes von der Klägerin konfrontiert, gibt der Ehegatte an, schwach geworden zu sein und die Beziehung zwar nicht beendet zu haben, aber vereinbart zu haben, keinen Kontakt mehr mit der Beklagten zu haben. Auch dies lässt die Klägerin von einem Detektiven überprüfen. Wieder berichtet der Detektiv, dass sich der Ehegatte mit der Beklagten getroffen hat. Der Beklagten ist von Anfang an bewusst, dass der Ehegatte mit der Klägerin aufrecht verheiratet ist. Der Beklagte hat ihr seit März/April 2019 regelmäßig erklärt, sich von der Klägerin trennen zu wollen. Bis nach der zweiten Observation deutet der Ehegatte gegenüber der Beklagten nicht an, dass er die Beziehung zu Klägerin wieder aufnehmen will. Er hat vielmehr der Klägerin erklärt, die Paartherapie mit dem Ziel zu absolvieren, die eheliche Beziehung mit der Klägerin möglichst friktionsfrei zu beenden.

Gang des Verfahrens

Die erste und die zweite Instanz wiesen das Klagebegehren auf Ersatz der Detektivkosten ab. Begründet wurde dies damit, dass die Klägerin schon vor der Beauftragung des Detektiven Kenntnis des außerehelichen untreuen Verhältnisses ihres Ehegatten hatte, und es daher zur Abklärung keiner Observierung durch einen Detektiv bedurft hätte und die Beauftragung des Detektiven auch überhaupt nicht aus diesem Grund erfolgt sei. Im Ergebnis traf daher die Beklagte kein Haftung; es sei der Klägerin nämlich um eine Überprüfung der Einhaltung der ihr gegenüber von ihrem Ehegatten gemachten Versprechen gegangen. In diese Abmachung war die Beklagte gar nicht eingebunden.

Rechtliche Beurteilung durch den OGH

Der OGH verwies in seiner rechtlichen Beurteilung auf seine bisherige Rechtsprechung und führte aus, dass der Ehestörer aus dem Titel des Schadenersatzes alle Überwachungskosten zu ersetzen hat, die der in seinen Rechten verletzte Ehegatte nach objektiven Maßstäben für notwendig ansehen konnte, um sich über das Verhalten des Ehepartners Gewissheit zu verschaffen und die nach der Interessenlage gerechtfertigt sind. Die Grenze findet dies jedoch dort, wo die Überwachung von vornherein aussichtslos und erkennbar unzweckmäßig oder überflüssig ist, oder wenn Rechtsmissbrauch vorliegt.

Der OGH führt weiters aus, dass die Frage, ob diese Grenze überschritten wurde, immer nur einzelfallabhängig geprüft werden kann. Der Klägerin gelang es nicht aufzuzeigen, weshalb die Vorinstanzen ihren Beurteilungsspielraum überschritten haben sollen.

Auch gab es laut Ansicht des OGH keinen unklaren Sachverhalt, den es zu klären galt, weil die Klägerin zum Zeitpunkt der Beauftragung des Detektivs bereits in Kenntnis der außerehelichen Beziehung ihres Ehegatten zur Beklagten war. Als die Klägerin den ersten Observierungsauftrag erteilte, war die Ehe aus objektiver Sicht bereits zerrüttet, weil der Ehegatte nicht mehr an der Ehe festhalten wollte. Dies gilt auch für den zweiten Observierungsauftrag.

Im Ergebnis besteht zwischen den von der Klägerin geltend gemachten Detektivkosten und der Beklagten kein Rechtswidrigkeitszusammenhang. Aufgrund der Tatsache, dass die Ehe bereits unheilbar zerrüttet war und die Beklagte keine Anhaltspunkte für eine vom Ehegatten beabsichtigte Wiederaufnahme der ehelichen Beziehung mit der Klägerin hatte, ist in objektiv sorgfaltswidriges Verhalten der Beklagten in Zusammenhang mit den Detektivkosten zu verneinen, so der OGH abschließend.

(Entscheidung OGH 9 Ob 62/20p vom 27.01.2021)

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