Können eine Pflegerin und deren Ehemann von der Pflegeperson testamentarisch erben?

Was war geschehen?

Der im Jahr 2018 verstorbene Erblasser hinterlässt seine Ehegattin. In einem Testament aus dem Jahr 2015 setzte er seine Pflegerin und deren Ehemann als Erben ein.

Gang des Verfahrens

Die Ehegattin wollte das Testament so nicht hinnehmen und gab eine Erbantrittserklärung ab. Im anschließenden Gerichtsverfahren gaben jedoch die erste und zweite Instanz der Pflegerin und deren Ehemann recht und stellten aufgrund des Testaments das Erbrecht dieser beiden fest. Die Erbantrittserklärung der Ehegattin des Verstorbenen wiesen die Gerichte ab. Die Ehegattin des Verstobenen erhob gegen die zweitinstanzliche Entscheidung einen außerordentlichen Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof (OGH). Sie argumentierte im Wesentlichen damit, dass es gemäß § 1 Abs 1 der Verordnung über Standes- und Ausübungsregeln für Leistungen der Personenbetreuung, untersagt sei, als Personenbetreuer Leistungen ohne gleichwertige Gegenleistungen entgegenzunehmen und daher gemäß nach § 879 Abs 1 ABGB die Nichtigkeit des Testaments oder der Erbantrittserklärung eintreten müsse.

Wie entschied der OGH?

Der OGH sah die Voraussetzungen für den außerordentlichen Revisionsrekurs nicht als gegeben und wies das Rechtsmittel daher zurück.

Zu den rechtlichen Argumenten führte der OGH aus, dass die Argumentation des zweitinstanzlichen Gerichts, dass der zentrale Zweck der Verordnung auf den Schutz der betreuten Person abziele, ein solcher aber hinsichtlich des erst nach dem Tod eingetretenen Vermögenszuwachses der Pflegeperson nicht mehr geboten sei, keine erhebliche Rechtsfrage aufwerfe. Personenbetreuer haben bei der Ausübung ihrer Tätigkeit das Wohl des zu Betreuenden zu achten (§ 1 Abs 1 VO) und muss sich die Betreuung an den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit orientieren (§ 1 Abs 2 VO). Diese Regeln stützen laut Ansicht des OGH den vom zweitinstanzlichen Gericht herausgearbeiteten Gesetzeszweck. Entsprechendes gilt für die in der Verordnung normierten Dokumentations- und Informationspflichten (§ 1 Abs 3 VO bzw. § 2 Abs 1 VO) und die Anordnung eines Mindestinhalts des Vertrags (§ 2 Abs 2 VO). Auch das hier relevante Verbot, dass einer Pflegeperson untersagt ist, Leistungen ohne gleichwertige Gegenleistungen entgegenzunehmen, zielt darauf ab, von der betreuten Person Nachteile abzuwenden.

Im Ergebnis behielt das Testament seine Gültigkeit und die Pflegerin und Ehemann konnten daher, wie im Testament vorgesehen, das Erbe antreten.

(Entscheidung OGH 2 Ob 15/23d vom 21.02.2023)

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