Vorrangverzicht bei Stehenbleiben an der Kreuzung

Im Rahmen einer aktuellen Entscheidung beschäftigte sich der OGH mit der Frage des Vorrangverzichts bei Stehenbleiben an einer Kreuzung und stellte dabei vermeintliche Unklarheiten in der bestehenden Rechtsprechung klar.

Gemäß § 19 Abs 8 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges auf seinen Vorrang verzichten, wobei ein solcher Verzicht dem Wartepflichtigen deutlich erkennbar zu machen ist. Dabei gilt das Zum-Stillstand-Bringen des Fahrzeugs immer als Verzicht auf den Vorrang – eine Unterscheidung zwischen einem freiwilligen und einem in Befolgung eines gesetzlichen Gebots erfolgen Verzicht gibt es nicht. Bringt man also sein Fahrzeug in einer Weise zum Stillstand, dass dies für andere Verkehrsteilnehmer wahrnehmbar ist, muss man sich darauf einstellen, dass die anderen Verkehrsteilnehmer den Stillstand als Vorrangverzicht auffassen. Es genügt dabei, dass einem anderen Verkehrsteilnehmer den Vorrangverzicht zweifelsfrei zur Kenntnis nehmen kann. Damit kommt es nicht darauf an, dass der Unfallgegner den Stillstand des Fahrzeugs subjektiv nicht wahrgenommen hat. Vielmehr ist die objektive Wahrnehmbarkeit entscheidend, da andernfalls die Frage des Vorrangs von Umständen abhängig gemacht würde, die der Lenker in der Situation gar nicht sicher beurteilen könnte.

(Entscheidung OGH 2 Ob 32/22b vom 16.03.2022)

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