Muss ein Arbeitnehmer bzw. eine Arbeitnehmerin im Rahmen eines befristeten Dienstverhältnisses während einer Dienstfreistellung seinen/ihren Urlaub konsumieren?

Sachverhalt

Die Klägerin stand von 01.05.2019 bis 30.04.2020 in einem befristeten Dienstverhältnis zum Beklagten. Sie wurde am 04.12.2019 vom Beklagten für die restliche Dienstzeit freigestellt. Die Klägerin lehnte eine ihr vom Beklagten angebotene Vereinbarung über den Verbrauch ihres Resturlaubes ab und klagte in weiterer Folge den Beklagten auf Zahlung einer Urlaubsersatzleistung von 14 Tagen.

Entscheidung

Dier erste und zweite Instanz gaben dem Klagebegehren statt. Die dagegen vom Beklagten erhobene außerordentliche Revision wies der Oberste Gerichtshof (OGH) zurück.

Der OGH führt in seiner Begründung aus, dass grundsätzlich keine Obliegenheit des Arbeitsnehmers besteht, den Urlaub in einer längeren Kündigungsfrist zu verbrauchen. Nur, wenn der Nichtabschluss einer Urlaubsvereinbarung die Treuepflicht des Arbeitnehmers verletzen würde oder ein solcher Nichtabschluss rechtsmissbräuchlich wäre, würde eine Obliegenheit zum Urlaubskonsum bestehen.

Es stellt sich somit die Frage, wann Rechtsmissbrauch vorliegt. Dies ist nach Ansicht des OGH eine nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage. Es ist erforderlich beispielsweise die Kündigungsfrist, das Verhalten des Arbeitnehmers in der Kündigungsfrist, die Anzahl der Urlaubstage, das Urlaubsverhalten des Arbeitnehmers in der Vergangenheit oder die Erholungsmöglichkeit des Arbeitnehmers in die Prüfung einzubeziehen. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die Erfordernisse des Betriebes. Dem OGH folgend ist es für die Annahme eines Rechtsmissbrauches nicht ausreichend, dass der Verbrauch des Urlaubs unter Berücksichtigung der Jahreszeit, in die die Kündigungsfrist fällt, zumutbar wäre.

Der OGH schloss sich in seiner Entscheidung der Vorinstanz an, die kein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Klägerin erkannte. Es bestand daher im Ergebnis bei einer knapp fünfmonatigen Dienstfreistellung, 14 Tagen Resturlaub, einem schulpflichtigen Kind, das die Klägerin während der Dienstfreistellung betreute, und dem in der Zeit der Dienstfreistellung eingesetzten ersten „Lockdown“, aufgrund dessen jegliche Urlaubsgestaltung massiv eingeschränkt war, keine Obliegenheit der Klägerin zum Urlaubskonsum.

(Entscheidung OGH 9 ObA 21/21k vom 24.03.2021)

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